Il Borgo di Locorotondo
Der heiße Wüstenwind Schirokko weht durch die Gässchen Locorotondos und lässt sich dann auf dem Platz Bellavista aus, er trägt das Lachen der Kinder durch den Ort, die von diesem Wind angetrieben, mit zum Himmel ausgebreiteten Armen spielen.
Locus Rotundus folgt dem Verlauf des Hügels, behutsam und geschmeidig, und das Weiß des Kalksteins ist wunderbar in die grünen Wiesen des Itria-Tals gebettet. Locorotondo ist eine Altstadt mit bezeichnenden Ecken und Klängen, die von den Spitzdächern der „cummerse“ hin zu den farbenfrohen, blumengeschmückten Balkonen dringen.
Die Straßen sind unvollkommene Kreise um die Mutterkirche herum, und führen auch zum Platz „Vittorio Emanuele“ und seiner Vila, die wie ein Balkon auf das Itria-Tal schaut, und seit über hundert Jahren im Schatten ihrer Bäume so manches Geschwätz und Geheimnis hütet. Locorotondo ist aus vielen kleinen Geschichten gemacht, von Mund zu Mund erzählt, wie Klagelieder, wie die „Diana“, die von Musikkapellen in San Rocco gespielt wird.
Locorotondo ist die Unverfälschtheit eines Ortes alter Traditionen mit einer Identität, die schon in der Küche beginnt, mit urtümlichem und feinem Geschmack.
Geschichte
Die Ursprünge Locorotondos sind eng verflochten mit Mythen und Legenden, die viele Jahrhunderte vor Christus zurückliegen, manche sogar drei Jahrtausende davor.
Aufgrund bestimmter Funde kann angenommen werden, dass das Gebiet zunächst von nomadischen Gruppen bewohnt wurde und nachträglich von Stämmen, die sich am Fuße des Berges niedergelassen haben. Die Existenz eines Ortes auf dem Berg wird 1195 erstmals in einem Dokument schriftlich erwähnt, doch das Dorf war aller Wahrscheinlichkeit nach schon seit den letzten Jahrzehnten des Jahres 1000 vorhanden, als das Kloster der Benediktinerinnen gebaut wurde.
Während des Mittelalters durchlief Locorotondo viele Querelen und Streitigkeiten und das Lehnsgut fiel in die Hände zahlreicher Adelsgeschlechter, darunter auch das der Orsini del Balzo und der Carafa. Erst um 1500 begann der Ort zu wachsen, auch dank der Bevölkerungszunahme. In dieser Zeit wurden die Stadtmauer und das Schloss gebaut, doch beide bestanden nur bis 1800.
Ende des 18. Jahrhunderts wurde Locorotondo von den Revolutionsbewegungen heimgesucht, die zur Geburt der römischen und parthenopeischen Republik führten.
Kirche des Heiligen Märtyrers Georg
Die Kirche des Heiligen Georg ist die Mutterkirche des Dorfes, Ende 1700 gebaut, auf der gleichen Stelle, an der sich vorher zwei andere Kultusgebäude befanden. Diese Kirche ist das Zentrum des Ortes, von ihrem Platz aus entwirren sich alle Sträßchen kreisförmig um den Ort.
Die Fassade der Kirche ist in neoklassizistischem Stil, durch einen Giebel bereichert, in dem der Heilige Georg und zwei Drachen dargestellt sind. Weiter unten finden wir die Statuen der Heiligen Petrus und Paulus. Auf der rechten Lisene finden sich kleine Kreuze, die vermutlich auf die erste Steinlegung hindeuten sowie Reliquien des Heiligen Ruffino und Vittorio.
Die Kuppel muss einst das reinste Farbenspiel gewesen sein, dank der Kacheln, die sie bedeckten und die 1841 von einem Blitz zerstört und nie wieder ersetzt wurden. Das Innere, auf einem Grundriss nach dem griechischen Kreuz gebaut, ist von der Vermischung neoklassizistischer architektonischer Elemente mit dekorativen Elementen im Renaissance- und Barockstil gekennzeichnet.
Auf der linken Seite der Kirche befindet sich die Kapelle des Heiligen Sakraments, mit 42 Darstellungen des Neuen und Alten Testaments, die die frühere Kapelle schmückten. Der Hauptaltar im Barockstil stammt aus neapolitanischer Schule. Die Kirche des Heiligen Georg ist reich an wertvollen Gemälden, die die Altäre und die Sakristei schmücken, einige davon werden namhaften parthenopäischen Künstlern zugesprochen.
Die orthodoxen Kirchen Locorotondos
Eine kleine griechisch-orthodoxe Gemeinschaft lebte während des Mittelalters in Locorotondo, davon gibt es heute noch zwei wichtige Zeugnisse.
Die griechische Kirche ist die älteste Kirche des Ortes, sie geht auf das Jahr 1480 zurück, als der Herzog Orsini von Tarent zu Besuch in den Ort kam und diese Kultstätte in Auftrag gab. Obwohl sie mehrfach umgebaut wurde, hat sie die wesentlichen Züge des Mittelalters bewahrt, sowohl in der Fassade als auch im Inneren. Ihr Aussehen ist „nackt“, schlicht geschmückt durch eine zentrale Rosette und den beiden seitlichen Statuen der Heiligen Petrus und Paulus, die vermutlich zur antiken Mutterkirche gehörten. Urprünglich war die Kirche mit Fresken verziert, heute sind davon nur noch dünne Linien zu sehen, die das Bild des Jesuskindes erkennen lassen. Sehr schön und symbolisch ist der steinerne Altar.
Die Kirche des Heiligen Nikolaus ist zwischen den Wohnhäusern eingefasst und unterscheidet sich von diesen durch ihre kleine mittige Rosette, die die Fassade schmückt. Sie wurde auf den Resten der antiken Kultstätte erbaut, die dem Heiligen Nikolaus von Myra gewidmet war. Ein Spitzdach hütet die Gewölbedecke, die vollständig mit Fresken überzogen ist, die die Wunder des Heiligen Nikolaus darstellen, begleitet von Engeln, die seltene Instrumente spielen.
In diesen beiden Kultstätten feierte die orthodoxe Gemeinschaft einmal im Monat ihre heiligen Riten.
Die “cummerse” – Häuser mit Spitzdach
Die Altstadt Locorotondos ist besonders interessant, wegen der sogenannten “cummerse”, den typischen Häusern mit Giebeldach, untypisch für den Süden, die mit Kalksteinplatten bedeckt sind.
Diese Häuser werden mit einer ähnlichen Technik gebaut, mit der man die Steinmauern und Trulli aufstellt. Die Mauern dieser kleinen Häuser sind mit Kalk gestrichen. Diese Häuser erfreuen sich heute einer Aufwertung, auch das des Projektes „sotto le cummerse“ – „unter den Dächern“.
Trullo von Marziolla
Geht man die engen Wege der sogenannten “Tratturi” entlang, gelangt man zum Trullo Marziolla. Er ist nicht einer der üblichen, typischen apulischen Trulli. Er wird von grünenden Olivenbäumen und Trockenmauern umrahmt.
Der Trullo Marziolla hat die dicksten Mauern sowie einen Tragbalken, auf dem eine unklare Datierung zu sehen ist, mit Deutungen, die sich zwischen 1559 und 1599 bewegen, ihn aber auf jeden Fall als ältesten apulischen Trullo ausmachen. Der Trullo Marziolla ist komplett nach der Trockenmauer-Technik gebaut, und endet in dem typisch zylindrischen, aber viel rustikaleren Dach.
Im Trullo kann man zwei Räumlichkeiten erkennen, eine antike und eine nachträglich gebaute, die schließlich zu einem einzigen Raum verschmolzen.
Der Locorotondo
Spricht man vom “Locorotondo”, denken die meisten an ein kleines, einzigartiges Dörfchen im Itria-Tal, doch Önologen und Sommeliers haben keine Zweifel: es geht um einen der bekanntesten regionalen Weißweine mit geschützter Ursprungsbezeichnung.
Er entsteht aus den Weinstöcken Verdeca und Bianco d’Alessano, die zwischen Locorotondo und Cisternino angebaut werden, und denen mitunter die Weinreben Malvasia, Bombino und Fiano dazugegeben werden. In der Vergangenheit wurde dieser Wein hauptsächlich als Basis für den Vermouth verwendet, doch neuerdings wurde er stark aufgewertet, dank der Auswahl der Trauben und der Verwendung moderner weinkundlicher Techniken, die die Besonderheiten der Weinstöcke hervorheben. Das Ergebnis ist ein hochqualitatives Produkt, ein genussvoller und frischer Wein, der jung genossen werden muss.
Das Fest “San Rocco”
Im Mittelalter blieb Locorotondo von einer Pestepidemie verschont, die das ganze Tal in die Knie zwang. Ein Glücksfall, der dem Kalk der Wohnhäuser des Dorfes zu verdanken ist, den die Bevölkerung jedoch dem Heiligen Rocco zusprach, Schutzpatron der Kranken und Verseuchten.
Seitdem wurde der Heilige der erste Schutzpatron der Stadt, für ihn wurde eine Kultstätte sowie eine Holzstatue gebaut. Jedes Jahr wird am 16. August ihm zu Ehren ein Fest veranstaltet. Dieses Fest wird durch den Viehmarkt gekennzeichnet, aber auch durch die Klänge der „Diana“, dem Militärmarsch, der von den beiden lokalen Kapellen aufgespielt wird.
Um Mitternacht am 16. August wird das Fest mit einem Feuerwerksspektakel beendet, das gespannt von den Massen in den Straßen verfolgt wird, zwischen den Häusern, die die tausend Farben reflektieren.
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Die Mahlzeiten in Locorotondo sind wesentlichen und unverfälschten Charakters und basieren auf einer armen Küche, sind dafür aber umso reicher an geselliger Fröhlichkeit.
Zwei Gerichte stechen aus der kulinarischen Tradition des Ortes besonders hervor, das erste, weil es durch und durch die Wesenszüge der bäuerlichen Küche widerspiegelt und das zweite, weil es eine gleichwertige Ausnahme zu letzterem darstellt. Das Symbolgericht von Locorotondo heißt im regionalen Dialekt: gnummarèdde suffuchète.
Es besteht aus Kutteln und Eingeweiden eines ausgewachsenen Lammes, fordert die Skepsis heraus und gewinnt haushoch. Gnummarèdde bedeutet Knäuel, und so werden in der Tat die Eingeweide in ein Kuttel-„Tuch“ eingeschlossen und mit einem Zipfel Eingeweide zugeschnürt, so dass ein wirkliches Knäuel entsteht. Idealerweise werden sie auf dem Grillblech vorbereitet, und sogar noch besser auf heißen Grillkohlen, um dann noch warm und dampfend verkostet zu werden.
Tiergedärme zu essen ist eine Gewohnheit, die im Laufe der Zeit verlorengegangen ist und ihre richtige Zuordnung im antiken Griechenland findet, als die Menschen den Göttern Tieropfer brachten. Nachdem sie geopfert wurden, wurden die Tierkörper zerlegt und gebraten, die Eingeweide gierig verschlungen, während der Rest des Tiergerippes verbrannt wurde.
Das Gegengewicht der einfachen Küche in Locorotondo wird “U Triddu” genannt. Ein Gericht, das dem Bürgertum angehört und seit Jahrhunderten Feste, fröhliche und traurige Anlässe der Dorfbewohner begleitet. Es besteht aus Hartweizengrieß, ganzen Eiern und sardischem Schafskäse.
Die Zutaten werden zu einem weichen und luftigen Teig verknetet und mit einer Art Nudelholz bearbeitet, bis man einen dünnen Blätterteig erhält. Diesen lässt man trocknen und schneidet ihn danach in ungleichmäßige Rechtecke, die in einer Truthahnbrühe gekocht und mit einem Hauch geriebenen Käse gewürzt werden. „U Triddu“ ist ein nahrhaftes Essen, und wurde daher bei den traditionellen Festen wie Weihnachten und Ostern gereicht, aber auch als Symbol der Trauer und Nähe bei einem Todesfall.
Dies ist heute noch eine typisch südländische Tradition: am Ende einer Beerdigung bringen Freunde den Verwandten des Verstorbenen ein Gericht, das sie gemeinsam verspeisen, um sich nach dem Verlust wieder zu trösten und aufzurappeln.
U Triddu wurde auch den Müttern gereicht, die gerade entbunden hatten und wieder zu Kräften kommen mussten, nur wurde das Gericht in dem Fall mit der Brühe zweier Tauben angerichtet, die von der Patin des Neugeborenen geschenkt wurden.
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