Il Borgo di Presicce
Die sanfte Hügellandschaft von Pozzomauro „umarmt“ das kleine Dorf Presicce, sie beschützt es vor den Westwinden und schenkt ihm ein mildes Klima.
In des kleinen Dörfchens „Brust schlagen zwei Herzen“, deren vergangene Spuren noch in den engen Gassen der Altstadt zu finden sind. In der „Via Gramsci“ erzählen elegante Gebäude von Adligen aus anderen Zeiten, die im Palast des Marquis ein- und ausgingen, im Schatten der Glyzinen seines Gartens ein Schwätzchen hielten und von dem schönen Aussichtspunkt zur barocken und eleganten Kirche auf der „Piazza Sant’Andrea“ schauten.
Auf der „Piazza del popolo“ (Volksplatz) befindet sich eine der unzähligen unterirdischen Ölpressen des Altstadtzentrums. Es scheint, als würde einem heute noch der stechende Geruch des Öls in die Nase steigen, und als würde man noch die Hufe der Maulesel vernehmen, die die schweren Mühlsteine im Kreis bewegten. Man meint, noch das Schwatzen der Frauen zu hören, die auf die Rückkehr der Väter und Ehemänner von der Ölmühle warteten. Der Steinbogen war der Gemeinschaftseingang zu den „Hofhäusern“, in denen die Bauern- und Züchterfamilien gemeinsam lebten, eingeengt in ihren bescheidenen Wohnungen mit weißen Eingängen, da mit Kalk gemalt. Es sind die Häuser eines Volkes, das alles teilte, von den steinernen Waschbecken bis hin zu den Tierställen, Häuser, in denen die Türen nicht verschlossen wurden, sondern offen blieben, um sich gegenseitig zu helfen.
Das ist Presicces wahre Seele, Land des Öls und der Ölpressen.
Unterirdische Ölmühlen
Heute ist Presicces „Schatz“, nämlich das Olivenöl, wie gelbes Gold gefärbt, früher wurde das Öl auch schon aus Oliven hergestellt, doch es war schwarz, stank und wurde zur Beleuchtung verwendet.
Es gibt kein Olivenöl in der Region Salento, das nicht die Geschichte eines Landwirtes und vor allem der zahlreich verstreuten Olivenpressen erzählt, die ihren höchsten Ausdruck in Presicce finden.
In die Felsbrocken der Hügellandschaft von Pozzomauro wurden Presicces erste unterirdische Ölpressen mit bloßen Händen gehauen, Zeugen einer kleinen Gemeinschaft, die mit viel Mühe der Sarazenen-Invasion standgehalten hat.
Mit der Zeit bedurfte es dank der intensiven Ölproduktion einer besseren Organisation, somit entschied die Bergdorfbevölkerung ins Tal zu ziehen und sich der „Via pubblica“ (öffentliche Straße) entlang anzusiedeln, wo sich bis heute die meisten Ölmühlen Presicces befinden.
Das Durchsickern von Wasser und schlechte hygienische Bedingungen haben schließlich dazu geführt, diese Ölmühlen stillzulegen; Presicce hat seine Wurzeln jedoch nie vergessen: diese unterirdischen Ölmühlen sind nämlich ein großer Bestandteil der Aufwertung und „Wiederentdeckung“ dieses kleinen Dörfchens, in dem man heute noch den „armen Genuss“ frischen Olivenöls auf knusprigem Brot erleben kann.
Der Herzogspalast Paternò
Der Ölhandel war schon jeher der Ursprung des Reichtums der Bevölkerung von Presicce. Die Normannen hatten dies als erste sofort begriffen und – um den Handel mit diesem wertvollen flüssigen Gold zu schützen – erbauten sie eine Festung, barsch und feindlich anmutend.
In den darauffolgenden Jahren entwickelte sich der Palast zum Sitz der Feudalherren Presicces, die „Gonzaga“ und „de Liguori“. Letztere bauten den Palast um, um die „Züge“ des Gebäudes lieblicher wirken zu lassen und daraus einen adligen und eleganten Sitz werden zu lassen.
Die Loggien wurden durch barocke Dekorationen ausgeschmückt und die Gesimse wurden weich und geschmeidig gestaltet. Das wahre Juwel des Palastes ist jedoch der Italienische Garten. Ist man erstmal durch eines der vier Portale eingetreten, fühlt man sich in ein anderes Zeitalter versetzt, in dem Edelfrauen durch den Garten flanierten, im Schatten ihres pastellfarbenen Sonnenschirmchens. Von der zentralen und unter hängenden Glyzinen gelegenen Sitzbank aus, kann man die zarte Schönheit dieses Gartens Eden bewundern, während der Wind die süßlichen Düfte der Orangen und Mandarinen herüberweht.
Der Balkon bietet eine wunderschöne Aussicht auf die Adelshäuser und die Kirche Sant’Andrea, die den Besuchern kokett und elegant „zuzwinkert“.
Die Kirche Sant’Andrea
Der Apostel Andreas, Schutzheiliger des Ortes Presicce, beobachtet seine Gemeinde von seiner hohen Säule. Ihm ist die Mutterkirche des Dorfes gewidmet, mit einer Fassade im Barockstil und gleichzeitig doch schlicht und elegant, was sicherlich auch an der Perlenfarbe des Gemäuers liegt.
Das Innere ist reich geschmückt mit wichtigen Leinwandgemälden und dem zentralen mächtigen Marmoraltar. Die Kirche ist außerdem im Besitz der Taufbecken, die König Franz I. der Bourbonen dem namhaften Michele Arditi schenkte.
Die Kirche des Heiligen Apostels Andreas wurde aus den Ruinen der vorherigen Kirche gebaut, die 1743 durch ein Erdbeben schwer beschädigt wurde. Trotz dieses Unheils, hat sich die Bevölkerung ans Werk gemacht, um diese „Wunde“ zu schließen und konnte wenige Jahre später die aktuelle Mutterkirche einweihen. Einzig der Glockenturm im Stil der Renaissance hat dem Erdbeben standgehalten und wurde gekonnt in den darauffolgenden Bau „einverleibt“. Mit Würde und Stolz ragt er als Wappen der Gemeinde empor, als Symbol einer starken Gemeinschaft, die nicht aufgibt.
Das Haus Turrita
Das Haus Turrita ist das einzigartigste Haus des Ortes. Es zeigt Richtung Via Gramsci, die Straße, die früher die Hauptstraße der Ortschaft war, die öffentliche Straße, die nach Acquarica del Capo und weiter Richtung Santa Maria di Leuca führte. Das Haus Turrita hieß ursprünglich „Torre San Vincenzo“, wurde in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts erbaut und war Teil eines Verteidigungssystems mit weiteren zwei Türmen. Das strenge Aussehen wurde nachträglich abgemildert, um dem Gebäude den Anschein eines Adelswohnsitzes zu verleihen. Das Besondere an diesem Haus ist seine Fassade, die durch die Gesimse und das diamantförmige Bossenwerk hervorsticht. Das Haus Turrita wurde vor kurzem restauriert und hat jedoch einige originale architektonische Besonderheiten beibehalten.
Die Kirche Santa Maria degli Angeli
Außerhalb der Stadtmauern befindet sich die Kirche Santa Maria degli Angeli, ein heiliges Gebäude, schlicht und präzise Ende des 16. Jahrhunderts von den Reformationsvätern erbaut, die im nahe gelegenen Kloster lebten.
Die kleine Kirche befindet sich auf einem Stückchen der Via Francigena, die die Pilger von Nordfrankreich aus bis zur Wallfahrtskirche der Madonna von Leuca führte. Trotz ihres historischen und religiösen Wertes, wurde diese Kirche ihrer artistischen Schönheiten beraubt, die ihr die Reformationsväter verliehen hatten. Heute beherbergt sie einen Holzaltar von bezaubernder Schönheit, ein geschnitztes Kruzifix – den leidenden Christus darstellend – und einige Fresken.
Die jüngsten Renovierungsarbeiten haben die goldfarbenen Merkmale einiger byzantinischer Fresken zum Vorschein gebracht und dadurch an diesem faszinierenden Ort etwas von dem Unrecht wieder gutgemacht, das er im Laufe der Zeit hat ertragen müssen.
Das Volk der „Maskierten“
Das Ius primae noctis (deutsch: Recht der ersten Nacht) ist eine der meist umstrittenen Gepflogenheiten des Mittelalters, einige sagen, es sei nur eine Legende, andere wiederum behaupten, es sei bis in die jüngste Zeit wirksam gewesen; ob wahr oder falsch, dieser mittelalterliche Gewaltakt ist eng mit Presicces Geschichte verstrickt.
Die Alten erzählen noch heute die mündlich überlieferte Legende eines jungen Verliebten und seiner Braut, die sich dem damaligen Herzog hätte hingeben müssen, kraft dieses antiken „Privileges“, das er für sich beanspruchte. Die Liebe jedoch akzeptierte nur schwer eine derartige Schmähung, also nutzte der junge Ehemann die Karnevalsfeierlichkeiten, und – verkleidet in der Menschenmenge – wartete er auf den Herzog, der sich auf seinem Balkon zeigte, erschoss ihn und verschwand inmitten der anderen Masken, während der Herzog sterbend zusammenbrach.
Aufgrund dieser Geschichte von Blut und Ehre, ist die Bevölkerung Pressices in der Region Salento als „Mascarani“ bekannt, das Volk der „Maskierten“.
Michele Arditi
Michele Arditi wurde 1746 geboren und ist der berühmteste Sohn der Stadt Presicce. Er war ein gebildeter und kultivierter Mann. Er studierte Rechtswissenschaften in Neapel, doch seine wahre Leidenschaft war die Archäologie: ein kleines Samenkorn, das seit dem neapolitanischen Reformismus in ihm aufkeimte, und durch den Reiz der beginnenden Ausgrabungen von Ercolano und Pompei weiter „gegossen“ wurde.
Von dem Glanz der Aufklärung geblendet, wurde er einer der wichtigsten Gelehrten des Königreichs von Neapel und darüber hinaus. Aus seinen Briefen an wichtige Partner seiner Zeit, geht seine blinde und vollkommene Liebe für seine Studien und Forschungen hervor, aber auch für seine Arbeit als Museumsdirektor von Neapel und als Vorsteher der archäologischen Ausgrabungen von Paestum.
Um fruchtbaren kulturellen Boden und wissbegierige Gleichgesinnte zu finden, kaufte er das Lehnsgut Castelvetere und wurde dank königlicher Ernennung zum Marquis; dadurch führte er seine intensive wissenschaftliche Betätigung fort.
Sein Licht erlosch 1838 in Neapel, und er ruht heute noch in der Kirche San Sebastiano, in einem Grab, das Antonio Canova für ihn gemeißelt hat.
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